Analysieren statt fühlen...
- TeamInfinity
- 3. Aug.
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 4. Aug.
Wir haben ein großes Problem im Reitsport, egal ob es dabei um die Reitlehre FN geht oder um die Klassische Reitkunst bzw. andere Reitlehren.

DAS ÜBERANALYSIEREN VON PFERD UND REITER! Denn wir analysieren lieber theoretisch als praktisch zu fühlen!
(Als Beispiel) Das Thema vor und hinter der Senkrechten ist sicherlich gut gemeint, doch physiologisch ein falscher Ansatz! Vielmehr sollte auf die Zufriedenheit des Pferdes und eine entspannte Muskulatur geachtet werden!
Ist euch einmal aufgefallen was wir da im Reitsport eigentlich tun? Wir legen Lineale und Winkel an unsere Pferde an, wir analysieren sie auf 100% Perfektion und ziehen überall unsere ach so schönen perfekten Linien! Und danach beurteilen wir ein individuellen, biologisches, lebendes und fühlendes Wesen? LOL...fällt euch selbst auf oder? Ach und währe das nicht genug, wer da nicht ins Schema passt wird gemobbt.
Dieses ewige Winkel berechnen der Pferde und Überanalysieren der ganzen Reiterei nach veralteten, starren Vorgaben wie „Genick höchster Punkt“, und die perfekte Winkelungen der Beide bzw. das ein Pferd seine Beine immer perfekt so oder so bewegen muss, ist meiner Meinung nach ein grundlegend falscher Ansatz und absoluter Quatsch, denn das sagt überhaupt nichts aus!
Es gibt Pferde die korrekt geritten perfekt diagonal laufen, andere schaffen es körperlich kaum oder gar nicht. Versuchen wir unser Pferd dennoch in diese Schablone zu pressen, nur um einer Winkelberechnung gerecht zu werden, bedeutet dies Stress für das Pferd, da wir gegen seine natürliche Veranlagung arbeiten!
Wir arbeiten hier mit individuellen Lebewesen, nicht mit Maschinen und jedes Lebewesen ist in seiner Anatomie, seinen Fähigkeiten und seinem Charakter einzigartig.
Aus meine Sicht ist es für eine gesunde Reitweise nur entscheidend, dass das Pferd den Rücken aufwölbt, um das Reitergewicht gesund tragen zu können. Dies gelingt nicht nur durch Versammlung alleine. Es beginnt bereits damit, dass ein gerittenes Pferd den Hals senkt (Höhe Buggelenk - Kopf/Nase muss dabei nicht gestreckt sein - Wohlfühlhaltung), dabei ein gleichmäßiges, taktreines normal schnelles Tempo läuft und sich dabei in der Bewegung entspannen kann (Schwingen). Mehr braucht es im Grunde nicht. Denn ab diesem Moment trägt das Pferd seinen Reiter bereits so, dass es keinen Schaden nehmen kann. All diese ehrgeizigen Ziele vieler Reiter (Wie Piaffe echt) mit denen sie die Gesundheit ihres Pferdes ach so schön rechtfertigen, ist haltlos! Das sind EGO Ziele die nicht notwendig sind. Sie sind nicht falsch, doch sie sind eben auch nicht zwingend notwendig.
Die Fokussierung auf starre Ideale, wie die exakte Senkrechte oder das Genick als höchsten Punkt, kann dem Pferd also extremen Stress bereiten und seine natürliche Bewegung einschränken, wenn es ihm schwer fällt diese Ziele körperlich "leicht" zu erreichen. LEICHT ist hier der Schlüssel. Ein Pferd versucht seinem Menschen und dessen Anforderungen immer gerecht zu werden, auch wenn es dies nur mit extremer Mühe erreichen kann....Das schafft immer VERSPANNUNG, statt ENTSPANNUNG.
Denn: Jedes Pferd hat seine eigenen anatomischen Besonderheiten und bewegt sich auf seine eigene, natürliche Weise. Ein Spanier bewegt seine Vorhand beispielsweise komplett anders als ein Warmblüter, oder ein Kaltblut. Ein Friese trägt seinen Kopf/Hals auf natürliche weise sehr hoch, während ein Rennpferd diese Haltung hasst.
Einige Pferde zb können die geforderte Haltung („zb Genick höchster Punkt“) sicherlich mühelos erreichen und fühlen sich darin sogar wohl. Andere, wie zum Beispiel auch meine Stute Finny, tun sich körperlich sehr schwer damit. Sie verkrampfen, fühlen sich unwohl und kommen dadurch vollkommen aus dem Gleichgewicht. Das zu ignorieren und sie durch monatelanges, erzwungenes Training, in eine Position zu pressen, die dem Pferd nicht gut tut, ist hier kontraproduktiv. Denn einem Pferd wie meiner Finny, der es so extrem schwer fällt die Haltung einzunehmen und zu halten, fühlt sich in dieser Position einfach unwohl. Diese Pferde können dies körperlich einfach nicht oder nur schwer leisten.
All das führt immer zu Verspannungen und Stress. Die Folge: Ständige Physio Termine und/oder ein Nervenbündel von Pferd. Auch Lethargie und Faulheit als Folge der Resignation können die Folgen sein.
Hinzu kommen dann noch: Talent, Fähigkeiten und Psychologische Eigenschaften des Pferdes. Nicht jedes Pferd hat die Fähigkeiten, das Talent und die gegebene Psyche, ein spitzen Sportler zu werden, mal abgesehen vom "wollen", dass ebenfalls eine Rolle spielt.
Ganz ehrlich? Warum sollten wir ihnen einen Maßstab aufzwingen, der für sie unnatürlich ist? Warum sollten wir allen Pferden und Rassen die gleiche Schablone aufzwingen? Das kleine Lewitzer Pony oder das riesige Kaltblut, dessen Reiterin aus ihnen ein S-Dressurpferd machen will, wodurch sie sowohl geistig als auch körperlich vollkommen überfordert sind, tun mir dabei wirklich leid. Und alles nur, weil die Besitzerin und ihr EGO sich etwas anderes gewünscht haben und von einem Dressurpferd träumen.
Doch wie geht es besser? Ganz einfach, indem wir die natürlichen Möglichkeiten und Fähigkeiten des Pferdes fördern, Statt es nach unseren Vorstellungen umzuformen, wodurch wir ihm eine harmonische, schonende, stressfreie und vor allem gesunde Entwicklung ermöglichen. Wir sollten wieder mehr anfangen zu fühlen, statt einem uralten perfekten Ideals hinterherzujagen dem keiner gerecht werden kann und will.
Gute Reiterei, sollte sich daher nicht an einem starren „Schema F“ oder ideologischen Weltbild orientieren. Sie sollte vielmehr auf die Zufriedenheit, Gesundheit und Entspannung des Pferdes abzielen. Das was wir trainieren oder machen, sollte leicht funktionieren! Leichtigkeit ist hier der Maßstab! Funktioniert etwas nicht "leicht" sind wir bereits falsch abgebogen. Wer es nicht mit Leichtigkeit schafft, der sollte es lieber lassen! Außerdem sind eine feine Hilfengebung und die Bereitschaft, auf die Signale des Pferdes zu hören, entscheidender als jede Winkelberechnung.
Lassen wir das Schablonen denken los und erkennen, dass Vielfalt, Akzeptanz und Flexibilität in der Ausbildung, wahre Freiheit in der Beziehung zu unseren Pferden bedeuten. Genieße dein Pferd so, wie es ist, fördere es im Rahmen seiner Möglichkeiten und habt gemeinsam Spaß an eurem Hobby. Es geht nicht einzig um deinen Spaß, du hast die Verantwortung für dieses Leben übernommen! Handle also verantwortungsvoll, nicht Egoistisch.
Am Ende des Tages ist es egal, wie es „aussehen soll“ – entscheidend ist, wie es sich für dich und dein Pferd anfühlt. ENDE
DAS PROBLEM NOCHMAL ZUSAMMENGEFASST: Genick höchster Punkt ist zum Maß der Dinge geworden in unserer Reiterwelt, wer hier nicht mitzieht erntet Spott und Verachtung. Reiter fühlen sich dadurch gezwungen diesen Weg zu gehen, zum Leidwesen vieler Pferde! Denn was das Pferd möchte und was ihm gut täte, dass spielt für die Bandenprofis keine Rolle, Hauptsache jeder folgt ihrem Ideal. Dieses Ideal formulieren aber nur unerfahrene Reiter und Pferde Menschen, denn gute und erfahrene Ausbilder wissen, dass diese Bildnis bei weitem nicht ausreicht ein Pferd und seine Ausbildung zu beurteilen. Aber ein unerfahrener Pferdemensch hat hier eine leicht zu erkennende Schablode gefunden um angeblich schlechtes Reiten einfach zu identifizieren.